MASULEH

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Frühstück, Masuleh, Iran

R. nimmt mich mit in die Berge. Morgens um sieben steigen wir in das Auto ihres Schwiegervaters und brausen davon, beide maximal schläfrig. Am Abend davor haben wir bis spät in die Nacht gegessen und geredet. Nach den vier Stunden in der Nacht fällt R. innerhalb kurzer Zeit in tiefen Schlaf. Für mich ist alles neu, da ist an Schlaf nicht zu denken und trotzdem kann ich die Augen kaum offen halten. Also döse ich unruhig vor mich hin und werfe ab und an einen Blick auf die entlang der Straße aufgereihten Einzelhandelsgeschäfte. Automechaniker, Schraubengeschäfte, Autotürreparaturwekstätten, Bäcker, Elektrofachhändler, Obststände und vieles mehr. Sie reihen sich entlang der Straße von Ortschaft zu Ortschaft. Die Berge scheinen noch weit weg zu sein. Wie lange werden wir unterwegs sein? Ich weiß es nicht. Ich habe vergessen nachzufragen.

Citymap Masuleh, Iran
Berggassen, Masuleh, Iran

Irgendwann mache ich die Augen auf und wir sind mittendrin. Rechts und Links von uns türmen sich die Bergmassen und das Wasser sprudelt aus allen Ecken. Die Berge sind tief grün. So grün, wie ich sie schon seid Georgien nicht mehr gesehen habe. Ich fühle mich sofort wohl hier. R. springt aus dem Auto und läuft zielstrebig über eine Brücke. Die Brückengeländer sind nicht aus Holz oder Metall, sondern aus Beton gegossen. Jedoch ahmen sie die Holzstruktur nach, als wäre ein stark verwachsenes Gewächs in optimalem Rautenmuster entlang des Abgrundes gewachsen. Das Plätschern des Wassers, das Zwitschern der Vögel und die langsam stärker werdende Morgensonne erzeugen ein idyllisches Bild. Das sonst ziemlich touristische Dörfchen befindet sich noch im Morgenschlaf, die meisten Geschäfte sind zu und ein frischer Wind weht durch die schmalen Gassen.

Masuleh, Iran
Ein Blick durch das Grüne Dickicht, Masuleh, Iran

Wir schlängeln uns langsam empor in die immer sonniger werdenden Gefilde. Das ist der Iran, den ich noch nicht gesehen habe und auf eigene Faust auch nicht erkunden kann. Alleine als Frau zu reisen, so wie ich das gerne tun würde, ist mir hier (mal wieder) nicht möglich. Wir finden ein touristisches und überteuertes Frühstück mit einer schönen Veranda und lassen uns nieder. Die Ruhe ist unglaublich erholsam, die Umgebung nicht nur schön, sondern auch gut gepflegt. So möchte ich meinen Tag verbringen, mich im Schatten sonnen und Tee trinken. Das tun wir auch. Später laufen wir noch ein wenig weiter und kehren zum Tee wieder ein. Noch vor zwölf Uhr haben wir genug gesehen und das Schlafdefizit macht sich bemerkbar. Nach kurzem Telefonat steigen wir zurück ins Auto. Obwohl ich dieses Mal weiß, wie lange wir unterwegs sind, schaffe ich es wieder nicht einzuschlafen. Meine Erschöpfung verschafft sich erst zu Hause ihren Raum.

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